Seit Anfang Jahr ist der Brite Richard Jones im Amt als EU-Botschafter in der Schweiz – und dennoch ist er in der Öffentlichkeit in den letzten Monaten kaum in Erscheinung getreten. Umso grösser war das Interesse der Medien heute Freitag an ihm, als er anlässlich des Abschlusses der 20-Jahr-Jubiläumswoche des europäischen Binnenmarkts eine Lobesrede hielt. 

Gegenüber cash zog der Waliser aber auch eine persönliche Bilanz seines ersten Amtsjahrs. "Es war bisher eine sehr spannende Aufgabe, ein wirklich grosser Job, weil die Beziehung zwischen der Schweiz und der Europäischen Union so eng ist", sagt Jones im Video-Interview

«Ich verstehe die politischen Kräfte nun besser»

In den letzten zehn Monaten hat der langjährige Diplomat die Möglichkeit genutzt, die Schweiz besser kennenzulernen. "Ich habe gesehen, wie einzigartig die Schweiz ist – ebenso wie auch die Mitgliedsländer der EU", sagte Jones. Er verstehe nun die treibenden Kräfte in der Schweiz besser, die sich gegen einen Beitritt zur EU stellen. "Die Europäische Union sollte verstehen und respektieren", so Jones. 

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Michael Reiterer zeigt sich Jones als zurückhaltender Beobachter. Reiterer, der als erster EU-Botschafter für die Schweiz zwischen 2007 und 2011 gewirkt hatte, hatte mit seiner Meinung viel weniger zurückgehalten und deshalb bald mal den Ruf des EU-Propagandisten gefasst. 

Auf geschäftlicher Ebene kann Jones allerdings noch keine grossen Fortschritte vermelden. Sein Hauptziel beim Amtsantritt hiess: Die Stärkung des institutionellen Fundaments zwischen der Schweiz und der EU. Denn die aus dem damaligen EWR-Vertrag ausgehandelten bilateralen Abkommen basieren auf keinen institutionellen Vorschriften. 

Weil die Schweiz mit wenigen Ausnahmen einen weitgehenden Zugang zum europäischen Binnenmarkt hat, verlangt die EU die nachträgliche Einführung dieser Vorschriften. Die Schweiz hat inzwischen der EU Vorschläge präsentiert, um den bilateralen Weg fortführen zu können. So soll eine neue unabhängige nationale Behörde die Einhaltung der Abkommen in der Schweiz überwachen. Die EU hingegen fordert ein supranationales Gericht. 

Im Video-Interview sagt Jones, wo Europa und die Schweiz ohne Binnenmarkt heute ständen und wie er das heutige Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union sieht.