Brüssel. Die Eurozone gibt sich als Lehre aus der Finanzkrise eine gemeinsame Bankenaufsicht. In einem harten Ringen einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum Freitag in Brüssel darauf, bis Jahresende den rechtlichen Rahmen dafür zu verabschieden. Starten soll die Überwachung im Laufe des kommenden Jahres. Bis dahin ist aber noch eine Reihe von Fragen zu klären.
WARUM BRAUCHT EUROPA EINE GEMEINSAME BANKENAUFSICHT?
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die Schieflage eines Instituts schnell zu einem grenzüberschreitenden Problem werden und einen Dominoeffekt auslösen kann. Die europäische "Bankenunion" soll verhindern, dass eine zu laxe nationale Kontrolle den gesamten europäischen Finanzsektor ins Wanken bringen kann.
WARUM WEHREN SICH DIE DEUTSCHEN SPARKASSEN GEGEN DIE AUFSICHT?
Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken befürchten, dass die Kontrolle nur ein erster Schritt zu einer von der EU-Kommission vorgeschlagenen europäischen Einlagensicherung sein könnte und dann Absicherungsmittel für deutsche Sparer auch dazu verwendet werden, Kunden ausländischer Institute bei Pleiten zu entschädigen. Das könnte die Absicherung für die Sparkassen teurer machen. Diese verweisen darauf, dass es in ihrem Haftungsverbund seit der Gründung in den 70er-Jahren noch nie eine Insolvenz gegeben hat.
WANN SOLL DIE ÜBERWACHUNG STARTEN UND WIE VIELE INSTITUTE SIND BETROFFEN?
"Die Arbeiten zur operativen Umsetzung werden im Laufe des Jahres 2013 stattfinden", heißt es vage in der Gipfelerklärung. Die Kontrolle wird voraussichtlich schrittweise aufgebaut: Erst werden wohl die großen grenzüberschreitend tätigen Banken unter Aufsicht gestellt, weil es bei ihnen das höchste Risiko einer Ansteckung anderer Institute gibt. Bis Anfang 2014 sollen alle 6.000 Banken der Währungsunion der einheitlichen Kontrolle unterstehen.
WO IST DIE AUFSICHT ANGESIEDELT?
Die Kontrolle soll die Europäische Zentralbank (EZB) übernehmen - in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden. Wie das im Detail aussehen soll, müssen in den nächsten Wochen die Finanzminister klären. Berlin will, dass die Bankenaufsicht "neben der direkten Kontrolle der systemrelevanten Banken im Falle auftretender Risiken die Aufsicht über jede Bank in Europa an sich ziehen können soll", wie ein deutscher Regierungsvertreter sagte. Vorbild könnte die Wettbewerbskontrolle in Europa sein, in der nationale und europäische Behörden kooperieren.
GIBT ES BEI DER EZB NICHT EINEN INTERESSENKONFLIKT?
Die EZB legt in ihrer bisherigen Aufgabe die Leitzinsen in der Eurozone fest, die vorgeben, zu welchen Kosten sich Geschäftsbanken Geld bei der Notenbank leihen können. Wenn die EZB aber auch dafür sorgen muss, dass es im Bankensektor nicht zu Zusammenbrüchen kommt, könnte sie sich in einem Interessenkonflikt befinden. Zinserhöhungen zur Sicherung der Euro-Stabilität können dazu führen, dass sich die Probleme bei angeschlagenen Banken verschärfen. Hier muss noch eine Lösung gefunden werden.
WIE HÄNGT DIE AUFSICHT MIT DEM EURORETTUNGSFONDS ZUSAMMEN?
Die neue Aufsicht ist nach einem Gipfelbeschluss vom Juni Voraussetzung dafür, dass der Euro-Rettungsfonds ESM direkt Finanzhilfe an angeschlagene Banken zahlen kann. Bisher fließen die Gelder wie im Falle Spaniens an den Staat, wodurch sich aber dessen Verschuldung erhöht. Bisher ist nicht definiert, welchen Umfang die Aufsicht erreichen muss, damit Direktzahlungen des ESM an klamme Institute möglich werden.