02.04.12

Rohstoffreichtum

Mit Birma entsteht eine neue Boom-Region in Asien

Birma öffnet sich nicht nur politisch sondern auch wirtschaftlich. Das weckt enorme Potenziale in ganz Asien: Anleger sollten auf Aktien aus Thailand und Vietnam setzen, diese Länder profitieren am meisten. Von

Indochina
Foto: Infografik DWO Indochina wächst zusammen: So entwickeln sich BIP und Börsenkurse

Vom Wahlsieg der Opposition um Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi am Sonntag hat die ganze Welt erfahren. Doch am selben Tag gab es in Birma noch eine weitere Neuigkeit, die mindestens ebenso umstürzende Folgen haben wird, aber weit weniger Beachtung fand.

Denn zum 1. April wurde auch der staatliche Wechselkurs von 6,41 Kyat je Dollar abgeschafft. Stattdessen gilt nun ein Marktkurs, der bei rund 800 Kyat je Dollar liegt. Das Land erlebt einen Wandel im Zeitraffertempo, politisch aber auch wirtschaftlich.

Letzteres wird jedoch für die ganze Region enorme Auswirkungen haben. Denn Birma liegt an einer strategisch höchst aussichtsreichen Stelle, zwischen den Wachstumszentren Indien, China und Thailand bzw. Vietnam. Nun könnte Birma die Region in einen neuen Boom führen.

Öffnung als Wendepunkt

"Die Öffnung Birmas ist ein Wendepunkt und fügt das bislang fehlende Glied in die Kette ein, um den Traum einer Wachstumsregion entlang des Mekong zu verwirklichen", sagt Hak Bin Chua von Bank of America / Merrill Lynch. So könnte beispielsweise in Dawei, das ungefähr auf der Höhe von Bangkok liegt, ein neuer Tiefseehafen entstehen.

Eine große horizontale Verkehrsverbindung von hier über Bangkok und Kambodscha bis nach Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon) im Süden Vietnams ist geplant. Ein ähnlicher Transportweg soll auch rund 200 Kilometer weiter nördlich entstehen, der dann von der einstigen Hauptstadt Rangun bis ins vietnamesische Hue führt.

Und im Norden grenzt Birma an die südchinesischen Wachstumsregionen, die nun ebenfalls mit Indochina verbunden werden. Das Entscheidende: Künftig können diese Wege auch genutzt werden, wenn die EU und die USA nun die Sanktionen gegen Birma aufheben, womit alle rechnen.

Abhängigkeit von China verringern

Dies würde zu einem breiten Zufluss an Kapital aus der ganzen Welt führen. Dieses kam bislang vor allem aus China, was zu einer großen Abhängigkeit vom nördlichen Nachbarn führte. Ein wesentlicher Grund für die Reformen dürfte daher sein, eben diese Abhängigkeit zu verringern.

Um Investoren aus aller Welt anzulocken, ist gerade eine ganze Reihe weiterer Reformen in Vorbereitung. So brauchen Ausländer beispielsweise künftig keinen lokalen Partner mehr, um eine Firma zu gründen oder Land zu pachten, und Investoren sollen für bis zu fünf Jahre Steuerfreiheit genießen. Außerdem soll es klare Garantien zum Schutz des Eigentums geben.

Das Kapital dürfte vor allem in den Rohstoffsektor fließen, denn das Land ist beispielsweise reich an Öl, Gas, Holz und Edelsteinen. Im Süden könnte sich zudem Schwerindustrie ansiedeln, die aus Thailand abwandern dürfte, weil die Kosten im Nachbarland deutlich niedriger sind. Und auch der Tourismus dürfte an Bedeutung zunehmen.

Zweites Kraftzentrum neben Thailand

Birmabietet in jedem Fall enormes Potenzial, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Wirtschaft selbst unter den Sanktionen im vergangenen Jahr schon um 5,5 Prozent gewachsen ist. Bei einer Einwohnerzahl von rund 60 Millionen könnte das Land daher zum zweiten Kraftzentrum der Region neben Thailand werden (ca. 70 Millionen).

Der östliche Nachbar dürfte zu Beginn auch einer der größten Profiteure der Entwicklung sein. Das deutete sich in den vergangenen Monaten bereits an: Der Aktienmarkt Bangkoks boomt seit Monaten und rennt fast allen anderen Börsen davon.

Aber auch Vietnams Kurse sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, die Börsenentwicklung in Ho-Chi-Minh-Stadt gehörte im ersten Quartal zu den besten weltweit. Wer daher als Anleger auf die neue Boom-Region setzen möchte, kann dies am besten über Investments in diesen beiden Ländern tun.

Aktienmarkt fristet Schattendasein

Denn in Birma selbst fristet der Aktienmarkt bislang noch ein Schattendasein. Die Börse Tokio ist aber bereits in Gesprächen, um das Parkett von Rangun auf Weltniveau zu hieven und es für internationale Investoren zugänglich zu machen.

"Wie bei jedem Goldrausch gibt es aber auch hier vielleicht einen Hauch von Überenthusiasmus", warnt Hak Bin Chua. Denn einfach wird der Übergang sicher nicht. Wenn wirklich große Mengen an Kapital ins Land fließen, dürfte dies die Inflation anheizen.

Gleichzeitig könnte ein Rohstoffboom den Wert der Währung nach oben treiben und dies wiederum den Rest der Wirtschaft in Probleme stürzen. Und schließlich sind die politischen Reformen immer noch erst im Anfangsstadium.

"Nur eines ist bislang klar", sagt Hak Bin Chua, "die Art, wie Birma den Übergang in den kommenden Monaten bewältigt, ist von enormer Bedeutung für seine direkten Nachbarn, Thailand und China, aber auch für ganz Asien." Und damit auch für die Investoren der Region.

Verbinden Sie sich mit dem "Welt-Online"-Autor auf Twitter: Frank Stocker schreibt schwerpunktmäßig zu den Themen: Geldanlage, China und Schwellenländer.

Indochina-Fonds
Foto: Infografik DWO So investieren Anleger in Indochina
Birma
Aung San Suu Kyi gelingt Einzug ins Parlament
Nachwahlen
Aung San Suu Kyi gewinnt offenbar Mandat in Birma
Die Favoriten unseres Homepage-Teams
Leserkommentare
Datenschutz Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen, insbesondere darüber, ob und wie personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden, finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen
Moderation Die Moderation der Kommentare liegt allein bei DIE WELT. Allgemein gilt: Kritische Kommentare und Diskussionen sind willkommen, Beschimpfungen / Beleidigungen hingegen werden entfernt. Wie wir moderieren, erklären wir in der Netiquette.
blog comments powered by Disqus
Tv-Tipp des Tages