11.12.95

Myanmar wirbt um ausländische Investoren

Militärregime im früheren Birma öffnet sich ökonomisch - Deutsche Unternehmen erkunden Marktchancen - Hoffnung auf Tourismus und Erdgas Von

Den deutschen Unternehmen könnte sich bald ein neues Investitionsziel in Fernost bieten: Myanmar, das frühere Birma. Das flächenmäßig größte Land Indochinas öffnet sich nach langer, selbstgewählter Isolation, und die machthabenden Militärs des State Law and Order Restoration Council (Slorc) umwerben derzeit erfolgreich ausländische Investoren. Die Deutschen haben sich in den vergangenen Jahren nicht ins Land getraut. Doch das soll anders werden. Im kommenden Januar wollen rund 25 Firmen des Ostasiatischen Vereins nach Yangon auf Erkundungstour gehen.

Besonders asiatische Geschäftsleute verdienen in den boomenden Branchen Tourismus- oder Erdgas. Den größten Coup haben im vergangenen Jahr die amerikanischen und französischen Ölgesellschaften Unocal und Total mit dem Bau einer Pipeline gelandet (Auftragswert: eine Mrd. Dollar). Ein Erdgasabkommen, das auf 30 Jahre angelegt ist, sieht jährliche Lieferungen im Wert von 400 Mio. Dollar an Thailand vor. Das Pipeline-Geschäft ist die größte Investition in Myanmar seit Jahrzehnten.

Weitere 3 Mrd. Dollar in 157 Projekten wollen Ausländer nach Angaben des Bonner Botschafters Myanmars, U Win Aung, in den kommenden Jahren in Myanmar investieren. Besonders die Briten scheren sich derzeit wenig um den Boykott der Europäischen Union (EU). Sie haben ihrer ehemaligen Kolonie Investitionen in Höhe von umgerechnet rund 642 Mio. DM zugesagt, aber auch französische und niederländische Kaufleute geben sich in Yangon die Klinken in die Hand.

Und die Deutschen? Nur die Siemens AG und der mittelständische Anlagenbauer Fritz Werner machen dort bisher Geschäfte. Siemens ist vor allem beim Aufbau des Telefonsystems beteiligt. Fritz Werner hat seit 1956 rund 40 Fabriken im ganzen Land ausgerüstet und dort 1984 das erste Joint-venture gegründet.

Deutsche Investoren haben sich bislang vor allem wegen der politischen Lage zurückgehalten. Als das Militär 1988 den Volksaufstand blutig niederschlug, stellte die Bundesregierung die Entwicklungshilfe ein und ist auch nicht bereit, sie wieder aufzunehmen. Auch IWF, Weltbank oder die Asian Development Bank (ADB) verweigern Kredite.

Das scheint sich sobald auch nicht zu ändern. Die Regierung sei zu einem kritischen Dialog bisher nicht bereit, heißt es offiziell in Bonn. Doch abhalten von ihrer Reise will das Außenministerium die deutschen Kaufleute nicht - eher ermuntern. Denn auch die Außenpolitiker haben erkannt, daß sich die EU-Nachbarn längst Richtung Myanmar aufgemacht haben.

Noch in den 60er Jahren war Birma das wirtschaftlich am höchsten entwickelte Land Südostasiens und gehörte zu den weltweit größten Reise-Exporteuren. Dann brachte der birmanische Weg zum Sozialismus Isolierung und Chaos. Seit die Militärregierung vor zwei Jahren die wirtschaftliche Öffnung eingeleitet hat, geht es aufwärts. Im laufenden wie im vergangenen Jahr hat das Land über 6 Prozent Wachstum; selbst unter den "Tigerstaaten" ist das beachtlich.

Myanmar bewirbt sich um die Aufnahme in den regionalen Staatenbund Asean und genießt bereits Beobachterstatus. Besonders Landwirtschaft und den Rohstoffsektor wollen die Militärs ausbauen und auch Touristen in ihr tempelreiches Land locken. Über 20 Hotels sind derzeit in der Hauptstadt Yangon im Bau, darunter so bekannte Namen wie Shangria-La, Sofitel und Novotel. Rund 100 000 Besucher werden 1995 kommen, und die Regierung möchte 1996 mehr als doppelt so viele ins Land locken.

Rund 15 Banken sind schon da, darunter die Banque Nationale de Paris und Société Générale aus Frankreich. Etwa 26 Institute haben eine Lizenz für die Eröffnung eines Repräsentantenbüros in der Hauptstadt ergattert. Auch die Berliner Bank sieht große Chancen in Myanmar, obwohl das Bankensystem nach Ansicht des Leiters der Asienabteilung, Thomas Bürkle, noch immer unter den "sozialistischen Vermächtnissen" leidet. Probleme sieht Bürkle vor allem im mangelhaften Know-how. Deshalb will die Bank birmanische Banker nach Berlin einladen.

Das Hauptproblem für den Schritt nach Myanmar ist für die meisten deutschen Unternehmer jedoch, daß die Exporte seit 1988 nicht mehr durch Hermeskredite abgesichert werden. Aber auch das Kriegsrecht und die Mißachtung der von der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi geführten Opposition sind weiterhin Investitionshemmnisse.

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