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Keine Infrastruktur, unendliche Hoffnungen Die neuen Goldschürfer in Burma

 ·  Das Land öffnet sich, und die Aktienkurse steigen. Yoma und Ntegrator gelten als Hoffnungswerte. Profis warnen aber vor zu viel der Euphorie.

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Kein Tag, an dem nicht in Asiens Metropolen für die Chancen bei der Öffnung Burmas geworben wird. Das Land zwischen China und Indien, gesegnet mit Rohstoffen und gut 60 Millionen Menschen, wandelt sich von der Militärdiktatur zu einer Demokratie. Es gibt praktisch keine Infrastruktur. Aber unendliche Hoffnungen. Deshalb steigen die Kurse der Aktien von Unternehmen, die in Burma investiert sind, zweistellig. Und dies manchmal in Stunden.

“Das ist die größte Geschichte für uns, die wir bislang erlebt haben“, sagt Hans Vriens. „Es passiert nicht oft, dass sich ein Markt mit gut 60 Millionen Menschen für Investoren öffnet“, sagt der Niederländer, der eine Beratungsfirma leitet. Allerdings gibt sich Vriens keinen Illusionen hin: „Burma bietet das schwierigste Geschäftsklima in der ganzen Region.“ Es gibt in Myanmar, wie sich das Land selbst nennt, keinen Finanzmarkt und kein Justizsystem, keine Infrastruktur und kaum ausgebildete Arbeitskräfte, aber ethnische Unruhen und übergreifende Korruption.

Das burmesische Internetunternehmen Ntegrator ist en vogue

Gleichwohl versuchen Investoren ihr Glück in Burma. Die deutsche KfW Ipex-Bank, die Ende vergangener Woche ihr Asien-Büro in Singapur eröffnete, berichtet von deutschen Mittelständlern, die um eine Finanzierung geplanter Burma-Investitionen anfragen, beispielsweise im Textilsektor. Der Ostasiatische Verein hat gerade die zweite Unternehmer- und Managerdelegation nach Burma entsandt: „Durch das Aussetzen der Sanktionen der Europäischen Union im April dieses Jahres ergeben sich auch für deutsche Unternehmer interessante Geschäftspotentiale.“ Die Hoffnungen könnten größer kaum sein. Vriens zieht den Vergleich: „Wenn ich sehe, was in der burmesischen Hauptstadt Naypyidaw in welchem Tempo entschieden wird, schäme ich mich manchmal, auf die indonesische Hauptstadt Jakarta zu blicken.“ Während die Burmesen entscheiden, die Deutschen noch prüfen, sind andere schon vor Ort: So stieg die Aktie von Aussino am Dienstag vergangener Woche in Singapur in Tagesfrist um 46 Prozent, weil der Hersteller von Betttüchern plant, ins burmesische Ölgeschäft einzusteigen. Aussino hatte angekündigt, junge Aktien im Wert von 60 Millionen Dollar für die Übernahme von Max Strategic Investments auszugeben. Die wiederum sind verbunden mit Max Myanmar Group of Companies, einem Konglomerat, das im Baugewerbe und bei Rohstoffen in Burma tätig ist. Gemeinsam wollen die Partner ein Tankstellennetz gründen.

Auch Ntegrator International ist ein Wert, den vor wenigen Wochen auch in Singapur kaum einer beachtete. Da das Unternehmen aber unter anderem erklären kann, das Verteidigungsministerium der ehemaligen Militärdiktatur zu seinen Kunden zu zählen, ist es nun en vogue. Ntegrator bietet Internetlösungen und den Aufbau von Telekommunikationsnetzwerken. Auch seine Aktien steigen zweistellig, sobald das Thema Burma an der Börse in Singapur gespielt wird. Als Aussino um 46 Prozent zulegte, gewann Ntegrator gut 10 Prozent.

Yoma ist „Klassiker“ der jungen Burma-Hoffnungswerte

Der „Klassiker“ der jungen Burma-Hoffnungswerte aber ist Yoma. Die Firma des Exilburmesen Serge Pun in Singapur kümmert sich in dessen Heimat um alles, was zum Wiederaufbau des Landes gebraucht wird. Sie verfügt über Immobilien, arbeitet an Rohstoffverträgen, hält Ackerland und besitzt die Lizenz zum Bau chinesischer Dongfeng-Lastwagen. In Jahresfrist stieg Yomas Börsenwert um 493 Prozent. Anfang des Monats berichtete das Unternehmen, 70 Prozent an Thanlyin Estate Development gekauft zu haben. Thanlyin baut gut 6000 Wohnungen in der burmesischen Handelsmetropole Rangun. Bislang müssen Wohnungen zwar immer noch mit Bargeld bezahlt werden, das in einem Lastwagen herangekarrt und dann über einen Tag gezählt wird. Das aber bremst die Verdoppelung der Immobilienpreise in einem guten halben Jahr nicht.

So schnell die Nebenwerte auch zulegen, bleiben Profis angesichts der Zustände in Burma dennoch vorsichtig. „Noch ist es zu früh, wir warten noch mindestens ein Jahr, bevor wir in Burma investieren“, sagt Mark Moebius, der Fachmann für Aktien aus Schwellenländern von Franklin Templeton International. Auch Ray Ferguson übt noch Zurückhaltung. „Wir haben schon Teams dort, die die Lage im Land prüfen. Für uns wäre es eine Rückkehr, denn wir waren von 1858 bis zu den Sanktionen 2006 in Burma vertreten“, sagt der Singapur-Chef der britischen Bank Standard Chartered. „Aber es ist wirklich noch früh. Sie beginnen gerade, den Vorhang ein wenig zu lüften.“ Dann fügt er an: „Schauen Sie doch auf das Beispiel Vietnam: Dort dauert es auch.“

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Jahrgang 1960, Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

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