Rangun - Plötzlich überschlagen sich die Nachrichten: Zarganar ist frei. Seine Schwägerin berichtet Reportern, der prominenteste Schauspieler und Kabarettist Burmas sei von Gefängniswärtern zum Flughafen Myitkyina im Norden Burmas gebracht und in ein Flugzeug nach Rangun gesetzt worden - als einziger von 15 politischen Gefangenen aus seinem Gefängnis.
Auch für Sao Hso Ten schlägt am Mittwochmorgen die Stunde der Freiheit: Der Generalmajor der Shan-Armee war 2005 wegen Hochverrats zu einer Haftstrafe von 106 Jahren verurteilt worden. Nun kann der 75-Jährige ebenso nach Hause zurückkehren wie der hochbetagte Shan-Führer Sai Say Htan. Selbst General Hsay Htin kann das Gefängnis im Rakhine-Staat im Westen Burmaverlassen, in dem er eine 160-jährige Haftstrafe verbüßen sollte.
Doch wie ein Lauffeuer verbreitet sich auch die Nachricht: Min Ko Naings Name steht nicht auf der Liste der Freigelassenen. "Wir sind dieses Auf und Ab gewöhnt", sagt seine Schwester Kyi Kyi Nyunt - und hofft weiter. Der Studentenführer war 2008 wegen seiner Teilnahme an der "Safran-Revolution" zu 65 Jahren Haft verurteilt worden.
Nach welchen Kriterien die einen freigelassen werden, die anderen weiter im Gefängnis ausharren müssen, bleibt unklar. Später ist an diesem Mittwoch von rund 120 Freilassungen die Rede - es wird ein Tag der Freude und der Tränen.
Bis zuletzt war spekuliert und gerätselt worden: Lässt Burmas neuer Staatspräsident Thein Sein wirklich die seit Jahren eingekerkerten Regimegegner, Bürgerrechtler und Friedensaktivisten frei? Der Westen hatte die Freilassung der rund 2100 politischen Gefangenen immer zur Voraussetzung für die von Burma so dringend ersehnte Aufhebung der Sanktionen gemacht. Doch Rangun hatte stets vehement bestritten, dass überhaupt Menschen aus politischen Gründen hinter Gittern säßen.
Nach wochenlangen Spekulationen und Ankündigungen über eine bevorstehende Amnestie hatte sich am Montag endlich ein Durchbruch angekündigt: Die Staatszeitung "New Light of Myanmar" veröffentlichte - gleichsam als Ouvertüre - ein Schreiben der erst am 5. September von Thein Sein ins Leben gerufenen "Nationalen Menschenrechtskommission von Myanmar" an den Staatspräsidenten.
Kommissionschef Win Mya, ein früherer Diplomat, tastete sich vorsichtig an das Thema heran: "Die Kommission anerkennt und würdigt die Haltung der Regierung, dass dies Gefangene sind, die zu Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie gegen geltendes Gesetz verstoßen haben." Wenn die Gefangenen allerdings keine Gefahr für die Stabilität des Staates und die öffentliche Ordnung mehr darstellten, könnten sie dennoch nach ihrer Freilassung je nach ihren Fähigkeiten am Aufbau des Staates teilnehmen. "Aus diesen Gründen bittet die Nationale Menschenrechtskommission den Präsidenten demütig, als Zeichen seiner Großherzigkeit, diese Häftlinge zu begnadigen und sie aus den Gefängnissen freizulassen", schreibt Win Mya.
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