Erinnerungen an den 11. September 2001: „Ich sah einen riesigen Feuerball“

Freitag, 12.08.2011, 10:51
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Zehn Jahre nach dem 11. September 2001 haben Angehörige eines deutschen Opfers ihre Geschichte im FOCUS öffentlich gemacht. Paula Bellini erzählt von der letzten Nachricht ihres Freundes, von Feuer, von einem fatalen Zufall – und von einem glücklichen.

„Es war grauenhaft“, sagte Paula Bellini. Sie war schwanger, als ihr Freund Sebastian Gorki im World Trade Center umkam. Sie selbst hatte durch einen glücklichen Zufall überlebt. Ihr Sohn Nicholas, der sieben Monate nach den Anschlägen in New York zur Welt kam, sagt über seinen Vater: „Für mich ist er ein Held.“

Der damals 27 Jahre alte Sebastian Gorki stammte aus Iserlohn und arbeitete für die Deutsche Bank in New York. Er war am 11. September nur zufällig im World Trade Center (WTC), weil er einen Kollegen vertrat. Seine schwangere Freundin hingegen hätte im Südturm des WTC sein müssen. Weil es ihr am Morgen nicht gut ging, kam die Investmentbankerin von Morgan Stanley zu spät. Kurz bevor sie den Turm betrat, schlug im benachbarten Wolkenkratzer ein Flugzeug ein. Bellini: „Ich sah einen riesigen Feuerball, der sich in den Scheiben der Hochhäuser spiegelte.“

Der letzte Anruf


Nach ihrer Flucht mit der letzten unter dem WTC abfahrenden U-Bahn hörte die werdende Mutter die Mailbox ihres Handys ab, auf der ihr Freund vier Nachrichten hinterlassen hatte. Erst jetzt erfuhr sie, dass Gorki an diesem Tag nicht in seinem Büro arbeitete, sondern im WTC-Südturm. Beim zweiten Anruf sprach er davon, dass im Nachbarturm etwas passiert sei. „Du solltest nicht hierher kommen, überall ist Rauch, ich weiß nicht, was los ist.“ Offenbar glaubte er, seine Freundin sei auf dem Weg ins Büro. Um 9.01 Uhr meldete er sich zum letzten Mal: „Ich wollte nur sicher gehen, dass du okay bist. Ich bin mit einem Kunden im 94. Stock. Wir sprechen uns später.“ Kurz danach schlug wenige Etagen tiefer das zweite Flugzeug ein.

Die letzte Nachricht hörte Paula Bellini ab, während sie die Live-Übertragung der Geschehnisse im TV verfolgte. „Ich hörte Sebastians Worte und sah zeitgleich im Fernsehen, wie der Südturm einstürzte“, sagte sie FOCUS. Die damals 29-Jährige erlitt einen Schock. „Ich dachte, ich breche zusammen, und die Welt um mich bricht zusammen.“

Nur ein Knochensplitter wurde gefunden


Wochen später erhielt sie die offizielle Todesnachricht. Im Schutt des WTC hatten Arbeiter ein zehn Zentimeter großes Knochenstück gefunden, das mittels DNA-Analyse zugeordnet werden konnte. „Es war ein Splitter von Sebastians Oberschenkelknochen“, sagte Bellini FOCUS.


Gegenüber den Terroristen hegt die gebürtige Brasilianerin keinen Hass. „Wir müssen mit unserem Schicksal leben und das werden wir auch“, sagt sie. Ihr Sohn, der den Nachnamen Gorki trägt und einen deutschen Pass besitzt, kennt seit etwa einem Jahr die Geschichte seines Vaters. „Osama bin Laden hat das alles angefangen“, sagte der Neunjährige, „aber ich verstehe nicht, warum.“

sk
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Leser-Kommentare (1)
12.08.2011
Einfach nur traurig

von Michael Hoffmann

Mir kommen die Tränen. Schlimm, wenn man Nachrichten abhört und feststellen muß, der Anrufer ist tot. Antwort schreiben


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