Sonntag, 17. Januar 2016

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Gedenken in Paris Hollande und Merkel führen Trauermarsch an

Staats- und Regierungschefs in Paris: "Paris ist heute die Hauptstadt der Welt", sagte Hollande (links neben Merkel)

Mit der größten Kundgebung seit Ende des Zweiten Weltkriegs haben in Paris Hunderttausende der Opfer des Anschlags auf "Charlie Hebdo" gedacht, angeführt von Staats- und Regierungschefs. Unterdessen tauchte das Bekennervideo eines Attentäters auf.

Paris - In einer der größten Kundgebungen in der französischen Geschichte haben am Sonntag Hunderttausende Menschen in Paris der Opfer der islamistischen Anschläge der vergangenen Woche gedacht. Der Platz der Republik im Stadtzentrum war lange vor Beginn des Gedenkmarsches, an dem auch Dutzende Staats- und Regierungschefs teilnahmen, überfüllt. Demonstranten schwenkten französische Fahnen und riefen immer wieder in Sprechchören: "Vive la France" und "Wir sind Charlie".

Fast zeitgleich wurde im Internet ein Bekennervideo eines der Attentäter veröffentlicht. Darin erklärt er, die Anschläge auf das Satire-Blatt "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt seien koordiniert geplant worden. Bei den Angriffen waren 17 Menschen getötet worden, auch die drei Attentäter wurden erschossen.

Angeführt wurde der Gedenkzug vom französischen Staatspräsidenten Francois Hollande. "Paris ist heute die Hauptstadt der Welt", sagte er in einer Kabinettssitzung vor Beginn des "Republikanischen Marschs". "Unser ganzes Land wird aufstehen und sich von seiner besten Seite zeigen." An Hollandes Seite waren untergehakt unter anderem Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen - alle in schwarz gekleidet. Insgesamt hatten sich 44 Staats- und Regierungschefs angesagt, unter ihnen der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Das französische Fernsehen sprach von der größten Kundgebung in Paris seit dem Ende zweiten Weltkriegs. "Ich bin hier, um zu zeigen, dass die Terroristen nicht gewonnen haben" sagte die 34-jährige Franko-Marokkanerin Zakaria Moumni. "Im Gegenteil, sie bringen die Menschen aller Religionen zusammen". Auf einem handgeschriebenen Plakat war ein Zitat von Thomas Jefferson zu lesen: "Unsere Freiheit beginnt mit der Freiheit der Presse".

Neben französischen wurden zum Gedenken an die bei der Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt umgekommenen Menschen auch israelische Flaggen geschwenkt. Auf Transparenten hieß es: "Freiheit - Wir sind deinetwegen hier" oder "Charlie Akbar" - in Anspielung auf das islamische Glaubensbekenntnis "Allah ist groß".

Auch in Deutschland kam es zu Solidaritätsbekundungen. Der Pariser Platz vor den Brandenburger Tor war gefüllt mit Menschen, die der Opfer in Paris gedachten. Dort befindet sich auch die französische Botschaft in Deutschland.

Attentäter Coulibaly: Protest gegen französische Militärinterventionen

In einem am Tag des Gedenkens verbreiteten Video erklärt der am Freitag von der Polizei getötete Attentäter Amedy Coulibaly, die Anschläge auf den jüdischen Supermarkt und die Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" seien wegen der französischen Militärinterventionen im Ausland gerechtfertigt. Bei dem Angriff Coulibalys auf den Supermarkt waren vier Geiseln getötet worden. I

n dem Video erklärte er, er arbeite mit den Brüdern Said und Cherif Kouachi zusammen, die beim Überfall auf die "Charlie"-Redaktion zwölf Menschen erschossen. "Wir haben einige Dinge zusammen gemacht, einige unabhängig voneinander, um mehr Wirkung" zu erzielen", sagt Coulibaly. In Kreisen der französischen Anti-Terrorpolizei hieß es, es gebe keine Zweifel an der Echtheit des Videos.

In dem Video bekennt sich Coulibaly, der auch für die Ermordung einer Polizistin verantwortlich gemacht wird, zur IS-Miliz und ruft alle Muslime in Frankreich auf, seinem Beispiel zu folgen.

Als Konsequenz aus den Anschlägen wollen die EU-Staaten den Austausch über die Reisebewegungen von Dschihadisten verbessern. Im Schengener Informationssystem soll etwa künftig eingetragen werden, wenn ein mutmaßlicher islamistischer Kämpfer aus Europa die Außengrenzen überschreitet und etwa aus Syrien und den Irak zurückkehrt, wie aus einer Erklärung der Innenminister in Paris hervorgeht. Auch soll die Zusammenarbeit mit Ziel- und Transitländern verbessert werden. Viele "forein fighters" nutzen etwa die Türkei, um von Europa in den Krieg zu ziehen.

ts/rtr

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