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Kolumne „Nine to five“ : Frauen und Kinder zuletzt

Übervoll: ICE mit zu wenigen Waggons. Bild: dpa

Dienstreise mit dem ICE. Wagen 31 bis 39 fehlen einfach. Die Sitzplatzreservierung ist weg, es bleibt nur der Schneidersitz auf dem Fußboden. Und das ist noch nicht mal das Schlimmste.

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          „Ohne die Wagen 31 bis 39.“ Doofe ICE-Anzeige. Der Platz in Wagen 31 ist hinfällig. An Gleis 7 am Frankfurter Hauptbahnhof quetschen sich Reisende Richtung München in den überfüllten Zug, um strammzustehen. In den Gängen ist kein Durchkommen mehr. Wer es versucht, erntet böse Blicke. Umfallen ist nicht, trotz schwächelnden Kreislaufs. Schaukelnd schwankt man gegen den Nachbarn, die Neigungstechnik macht’s möglich. Muffige Bahnmitarbeiter würgen Nachfragen ab: Kundenorientierung Fehlanzeige.

          Ursula Kals

          Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.

          Einige junge Männer haben Glück und Sitzplätze ergattert. Einer erklärt einer blassen Mutter mit kränkelnden Kleinkindern, dass er in Würzburg aussteige. Er sagt das gönnerhaft. Die Frau ist so fertig, dass sie sich unterwürfig für die Ankündigung bedankt. Frauen und Kinder zuletzt. Ihr steht eine schwere Stunde bevor. Der Rotzlöffel ballert sich durchs Killerspiel seines Tablets und vertilgt übel riechende Würste. Das taumelnde Trio, das sich abwechselnd an seiner Sitzlehne festklammert, ignoriert er schmatzend und killend.

          Picknick im Schneidersitz

          In Aschaffenburg quillt ein Grüppchen auf den Bahnsteig und wagt sich in die erste Klasse. Dort sitzen im Schneidersitz Männer in Anzügen, dazwischen Studenten. Smartphones werden gezückt, Gruppenbilder im Internet geteilt: Mitgeteiltes Leid ist halbes Leid. Wir basteln uns einen Sitzplatz: Trolley an die Wand quetschen, Sitzmumie mimen, Rückgrat zeigen. Wenigstens schlafen die Beine nicht ein, gefühlt alle fünf Minuten heißt es aufstehen, Taschen und sich selbst aus dem Weg räumen: Wochenendpendler staksen über Koffer und Beine und bahnen sich einen Zickzackweg zu den Toiletten. Dort streikt die Spülung, das riecht man.

          Trotzdem ist die Stimmung akzeptabel. Es wird gepicknickt. Das Wort vom Kummerspeck gewinnt an Tiefenschärfe. Gummibärchentüten kreisen. Die Schicksalsgemeinschaft lästert mampfend über mieses Krisenmanagement. In Würzburg sollen alle Reisenden ohne Reservierung aussteigen. Leider habe der Nachfolgezug 40 Minuten Verspätung.

          Nach fast vier Stunden ist München erreicht. Das Geld für die Sitzplatzreservierung gibt es am Schalter. Dort wartet eine lange Schlange. Unser Stehvermögen ist kurz vor dem Ende der Dienstfahrt erschöpft. Auf zur S-Bahn: Die S3 fällt aus. An manchen Tagen ist man froh, wenn alles ausgestanden ist.

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