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Wirtschaft Schnelles Internet

Die Bahn macht den ICE zu Filmsaal und Büro

| Lesedauer: 5 Minuten
Wirtschaftskorrespondent
Quelle: Infografik Die Welt
Ab Jahresbeginn gibt es im ICE neue Verstärker für bessere Handyqualität und für alle Passagiere kostenlosen WLAN-Zugang. Doch das Datenvolumen ist begrenzt. Und das ist nicht der einzige Haken.

„Ich bin im Zug, kann sein, dass gleich die Verbindung weg ist“: So fangen in Deutschland Telefonate meist an, wenn man in der Deutschen Bahn (DB) unterwegs ist. Und das Surfen im Internet, das lesen von Mail oder Filmegucken ist in der zweiten Klasse der Fernzüge bislang auch kein Vergnügen.

Doch inzwischen hat die DB 90 Prozent ihrer ICEs umgerüstet, sodass vom 1. Januar 2017 an alle Reisenden in der ersten und zweiten Klassen in den Genuss von kostenlosem Internetzugang in den 250 ICE-Zügen kommen. Ganz ohne Einschränkungen kommt das neue Angebot allerdings nicht aus.

Wer ab kommendem Jahr während einer Zugfahrt ins Internet will, muss auf seinem Rechner bei der WLAN-Suche nur das Netzwerk der Deutschen Bahn auswählen, einen der Internetbrowser öffnen, die Geschäftsbedingungen akzeptieren – danach kann man sofort lossurfen. Die Bahn verspricht einen „stabilen Internetzugang“ und die Möglichkeit, „jederzeit per Internet zu kommunizieren“, für alle ICE-Nutzer. Den Kunden in der ersten Klasse beschert die Nachrüstung der Züge noch schnelleres Internet. Nun kann man seinen Sitzplatz nicht nur zum Büro, sondern zum Kino machen, in dem zumindest kurze Videostreams möglich sind.

Vom zweiten Quartal an wird das kostenfreie WLAN-Angebot schrittweise auf Auslandsstrecken angeboten. Dann kann man auch auf Reisen in die Beneluxländer, nach Frankreich, die Schweiz und Österreich im Netz surfen. Parallel dazu baut die Bahn ihr ICE-Portal aus. Dort kann man zum Beispiel den iKiosk von Axel Springer nutzen und kostenpflichtig „Welt“, „Bild“ oder aktuelle Ausgaben von mehr als 700 verschiedenen deutschsprachigen und internationalen Zeitungen und Zeitschriften herunterladen.

Kein Limit in der ersten Klasse

Das Portal bietet außerdem ein Städtejournal, Hörbucher, Nachrichten, ein Kinderprogramm und eine Auswahl von jeweils 50 Filmen der Online-Videothek Maxdome. Das Maxdome-Angebot soll es bereits mit Beginn des neuen Jahres geben. Die Filmauswahl wird jeden Monat aktualisiert, unter den 50 Streifen sind immer jeweils fünf Blockbuster, die ihren Kinostart vor höchsten zwei Jahren hatten.

Der Vorteil des ICE-Portals ist, dass die Angebote auf einem Server in Zug liegen – das heißt, um sie nutzen zu können, ist WLAN nicht nötig. Und das ist gerade auf längeren Reisen gut, denn das neue WLAN-Angebot der Bahn ist pro Person und Tag auf 200 Megabyte (MB) begrenzt. Bis zu diesem Limit soll das Übertragungstempo bei etwas unter einem Megabit pro Sekunde liegen. Mit dem Volumen von 200 MB lassen sich bei einer mehrstündigen Fahrt problemlos E-Mails senden und auch mit Anhängen empfangen, man kann chatten und Seiten im Internet aufrufen.

Das kann das neue Flaggschiff der Deutschen Bahn

Am Berliner Hauptbahnhof wurde der ICE 4 vorgestellt. Der Zug soll komfortabler und umweltfreundlicher sein als seine Vorgänger. Sehen sie hier, was das neue Flaggschiff den Fahrgästen bringt.

Quelle: Die Welt

Wer sich allerdings außerhalb des Maxdome-Angebots Videos ansieht, hat das Limit schon nach einigen Minuten erreicht und surft dann mit niedrigerer Geschwindigkeit weiter. Die Bahn will somit verhindern, dass einige wenige Fahrgäste große Datenpakete herunterladen und damit den Rest der Passagiere vom WLAN abhängen. Denn auch durch die neue Multiprovider-Technologie, die die bisherige Hotspot-Technik der Deutschen Telekom komplett ersetzt, ist die Gesamtdatenmenge, die pro Zug zur Verfügung steht, begrenzt.

„Wir haben bei Tests festgestellt, dass nur acht Prozent der Fahrgäste für mehr als die Hälfte des genutzten Datenvolumens stehen“, sagt Birgit Bohle, Vorstandschefin von DB Fernverkehr. Alle Fahrgäste sollten daher das gleiche Datenvolumen nutzen können. Umfragen hätten ergeben, dass 200 MB von 80 Prozent der Fahrgäste als ausreichend angesehen werde. Für Passagiere in der ersten Klasse existiert kein Limit bei der WLAN-Nutzung.

Lücken in ländlichen Gebieten

Für alle Fahrgäste im Zug gibt es allerdings eine Einschränkung: die Löcher im deutschen Mobilfunknetz. Zwar nutzt die Bahn sogenannte Multiprovider, die je nach Standort auf denjenigen der drei Netzanbieter Telekom, Telefonica und Vodafone zugreift, der gerade das stärkste Signal aussendet. Allerdings werden auch damit vorerst nur 85 Prozent des 11.000 Kilometer langen ICE-Netzes abgedeckt.

„Nur dort haben wir mindestens eine Bandbreite von zehn Megabit pro Sekunde“, sagt Marketing-Vorstand Michael Peterson. Auf 15 Prozent der ICE-Strecken, „typischerweise in ländlichen Gebieten“, gebe es weiterhin Lücken in der Netzabdeckung. Allerdings bedeuten diese weißen Flecken nicht, dass bei den Fahrgästen sofort die Verbindung weg ist. Ein ICE, der mit 300 Stundenkilometern unterwegs ist, braucht zehn bis 60 Sekunden, um eine Funkzelle zu durchfahren, also den Radius, den ein Mobilfunkmast abdeckt. Das heißt, wenn man nicht gerade einen Film streamt, rast der Zug durch kleinere Funklöcher, ohne dass man es unbedingt merkt.

Neben der besseren Internetverbindung soll auch die Qualität von Telefonaten besser werden. Dazu installiert die Bahn auf den Zügen neue Repeater. Die fangen die Mobilfunksignale der Telekommunikationsanbieter auf und verstärken sie so, dass sie besser in den Zügen ankommen. Die Repeater sollen dafür sorgen, dass die Zahl der abgerissenen Gespräche um 90 Prozent sinkt. Wie gut die Qualität aber tatsächlich ist, hängt am Ende vom jeweiligen Anbieter ab. Denn anders als beim WLAN werden die Signale durch die Repeater nicht gebündelt. Das heißt, jeder Fahrgast nutzt seinen üblichen Anbieter und rechnet auch mit diesem ab.

Inwieweit IC-Züge oder Regionalzüge mit dem neuen WLAN-System nachgerüstet werden sollen, prüft die Bahn derzeit. Viele der IC-Wagen sind mehrere Jahrzehnte alt, eine Nachrüstung lohnt sich oft nicht. Und für WLAN in Regionalzügen ist nicht die Bahn zuständig – das müssen die Besteller der Linien in den Bundesländern in Auftrag geben.

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