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An diesen Orten fürchten sich die Deutschen am meisten

| Lesedauer: 5 Minuten
Wirtschaftskorrespondent
Hier fürchten sich die Deutschen

Die Deutschen sehen die Sicherheit im öffentlichen Raum einer Umfrage nach zunehmend gefährdet. Die als Terrorziele geltenden Flughäfen werden hingegen nur von rund der Hälfte der Befragten als unsicher empfunden.

Quelle: Die Welt

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In der Öffentlichkeit haben immer mehr Deutsche Angst vor Kriminalität – vor allem an Bahnhöfen. Eine neue Studie fördert jedoch auch sonderbare Ängste und überraschende Sorglosigkeit zutage.

Bahnchef Rüdiger Grube und sein Sicherheitschef Hans-Hilmar Rischke wiederholen es immer wieder: Bahnanlagen und Züge sind sichere Orte, jedenfalls sicherer als viele andere Plätze des öffentlichen Raums. Dennoch wird der Sicherheitsdienst der Bahn ständig aufgerüstet, erhalten die Mitarbeiter und Bundespolizisten Bodycams, Pfefferspray oder Diensthunde. Und stichsichere Schutzwesten für die gesamte Sicherheitsmannschaft, wie die Bahngewerkschaft EVG gestern erleichtert mitteilte. Nach der steigenden Zahl von Gewalttaten und der wachsenden Brutalität sei das überfällig.

Die Deutsche Bahn kann zwar anhand von Zahlen belegen, dass Bahnhöfe und Züge insgesamt keine Brennpunkte von Kriminalität sind. Dass sich die zunehmenden Attacken vor allem gegen Bahn-Mitarbeiter richten. Und zieht man die Verstöße gegen das Ausländerrecht ab, beispielsweise illegale Einreisen, weist auch die allgemeine Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) für 2015 bundesweit kaum einen Anstieg der Delikte aus.

Wo die Deutschen besonders viel Angst haben
Wo die Deutschen besonders viel Angst haben
Quelle: Infografik Die Welt

Doch all diese Statistiken und Zahlen nutzen nichts, die Wahrnehmung der Menschen im Land ist eine andere. Die Deutschen fühlen sich zunehmend bedroht auf öffentlichen Plätzen. Vor allem auf Bahnhöfen, wie aus einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, die im Auftrag der Seetec GmbH erstellt wurde, hervorgeht. Diese Befragung hat absonderliche Ängste der Deutschen ans Licht gebracht. Und auf der anderen Seite sonderbare Sorglosigkeit.

Gefühlte Sicherheit hat sich verschlechtert

Der wichtigste Befund ist die Tatsache, dass 68 Prozent der Befragten das Gefühl haben, die Sicherheitslage im öffentlichen Raum habe sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren „eher oder stark verschlechtert“. Ebenfalls 68 Prozent gaben an, vor allem auf Bahnhöfen und U-Bahnhöfen um Leib und Leben und das Eigentum zu fürchten.

63 Prozent fühlen sich bei Großveranstaltungen unbehaglich. Die bei Terroristen immer wieder im Fokus stehenden Flughäfen werden nur von rund der Hälfte der Befragten als unsicher empfunden, der klassische Frauenschreck Parkhaus im Schnitt nur von einem Drittel.

Umfrage: Die Unsicherheit in Deutschland nimmt zu
Umfrage: Die Unsicherheit in Deutschland nimmt zu
Quelle: Infografik Die Welt

In diesem Punkt wird die Studie aber erst interessant. Denn sie unterscheidet bei den Antworten nach Geschlecht, Alter, Einkommen, Herkunft oder Religion. Daraus lässt sich ablesen, dass sich Frauen (37 Prozent) erwartungsgemäß viel öfter in Parkhäusern fürchten als Männer (28 Prozent). Männer dagegen empfinden zumindest der YouGov-Umfrage zufolge Museen und Universitäten bedrohlicher, als Frauen es tun.

Acht beziehungsweise sieben Prozent der männlichen Befragten gaben ernsthaft an, dort eine Verschlechterung der Sicherheitslage festzustellen – bei den Frauen teilten nur fünf beziehungsweise sechs Prozent diese Einschätzung. Empfinden Männer allein das Umfeld von Kultur und Bildung als bedrohlich?

Ältere Menschen fürchten sich mehr

Ansonsten weisen die Antworten kaum Unterschiede von Frauen und Männern auf. Es spielt bei der Einschätzung einer Bedrohung auch keine Rolle, ob die Befragten einen Migrationshintergrund haben oder nicht, die Antworten sind ähnlich. Eine Verschlechterung der Sicherheitslage sehen 67 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund und 68 Prozent ohne.

Dass die Ängste im öffentlichen Raum vor allem bei älteren Menschen ausgeprägter sind, überrascht nicht. Laut Studie sind jene, die noch zur Schule gehen, besonders sorglos. Nur ein Drittel der Schüler gab an, dass sich die Anzahl der Situationen, in denen man sich gefährdet fühle, „stark oder eher erhöht“ habe. Ähnlich entspannt sind ansonsten nur noch Menschen ohne Schulabschluss. Am meisten gruseln sich demnach übrigens nicht Befragte mit Abitur, sondern mit Mittlerer Reife.

Erwartbar ist auch, dass sich die Befragten mit besonders hohem Einkommen, 5000 bis 10.000 Euro netto im Monat, stärker bedroht fühlen, als Menschen mit geringeren Löhnen. Auffallend ist, dass sich die wirklich Reichen hingegen deutlich sicherer fühlen.

Vermutlich, weil sie nicht gezwungen sind, beispielsweise mit dem Nachtbus durch Problemkieze zu fahren oder in den Nachtstunden in dunklen Parkhäusern nach dem Auto suchen zu müssen. Menschen in einer Gehaltsklasse ab 10.000 Euro netto im Monat lassen sich sicherlich verhältnismäßig oft fahren, von Chauffeuren oder in Taxen.

Orthodoxe Christen, Muslime und Juden weniger ängstlich

YouGov untersuchte auch, inwieweit die Religionszugehörigkeit Einfluss auf das Gefühl einer Bedrohung habe. Tatsächlich spielen der Glaube oder die Konfession eine Rolle – und zwar anders, als man erwarten könnte. Zwischen Katholiken und Protestanten gibt es, wie anzunehmen ist, keine Unterschiede. Jeweils 70 Prozent der Befragten sehen eine Verschärfung der Sicherheitslage.

Bei orthodoxen Christen sind es nur 48 Prozent. Menschen jüdischen Glaubens weisen dagegen überraschende Werte auf. Obwohl Juden auch in Deutschland immer wieder Ziele von Attacken sind, gaben gegenüber YouGov nur 45 Prozent der Befragten mit dieser Religionszugehörigkeit an, die öffentlichen Räume in Deutschland seien aus ihrer Sicht gefährlicher geworden. Bei den Muslimen sind es nur 39 Prozent, die eine wachsende Bedrohung feststellen können.

Das Sicherheitsgefühl ist auch je nach Region anders ausgeprägt – und auch dabei ist der Befund überraschend. Man könnte meinen, dass sich Menschen in ländlichen Gebieten sicherer und in Großstädten bedrohter fühlen. Doch die Umfrage widerlegt diese These.

Nur ein Teil der Bürger ist durch Überwachungskameras beruhigter
Nur ein Teil der Bürger ist durch Überwachungskameras beruhigter
Quelle: Infografik Die Welt

73 Prozent der befragten Brandenburger gaben an, dass sich nach ihrem Empfinden die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren verschlechtert habe. In Hamburg sind es dagegen nur 59 Prozent, so wenige, wie in keinem anderen Bundesland. Bei Brandenburg mag die Grenzlage mit der Häufung von Kriminalität eine Rolle spielen.

Über die Maßnahmen, wie man den öffentlichen Raum sicherer machen könnte, sind sich die Befragten uneinig. Videosysteme halten 37 Prozent für gut, weitere 37 Prozent für eher gut, aber 19 Prozent lehnen sie ab.

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