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Wo die Bahnkunden im Sommer länger unterwegs sind

| Lesedauer: 4 Minuten
Hier müssen Bahnreisende bald mit längeren Fahrzeiten rechnen

Die Deutsche Bahn saniert bis 2023 einige ihrer viel befahrenen Strecken. Zuerst trifft es den Abschnitt zwischen Hannover und Göttingen. Danach wird auf den Schnellstrecken Hannover–Würzburg und Mannheim–Stuttgart gebaut.

Quelle: WELT/Kevin Knauer

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Der Staatskonzern hat seine Verspätungen etwas reduziert – und will in den nächsten Jahren klimafreundlicher werden. Aber Bahnkunden müssen sich ab kommender Woche auf längere Fahrtzeiten auf vielen Strecken einstellen.

Die Deutsche Bahn muss besser werden, das fordern nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Bundesregierung. Und der Staatskonzern arbeitet daran: Fernverkehrszüge waren im Mai dieses Jahres bereits etwas pünktlicher. Außerdem saniert die Bahn ab der kommenden Woche zwei wichtige Schnellstrecken grundlegend.

Und sie verspricht, in den nächsten Jahren deutlich klimafreundlicher zu werden. Im vergangenen Monat waren 79,8 Prozent der Fernzüge pünktlich, wie das Unternehmen mitteilte. Damit kam zwar immer noch gut jeder fünfte ICE, Intercity oder Eurocity zu spät. Aber es ist der beste Mai-Wert seit sieben Jahren. Bislang liegt die Bahn damit in diesem Jahr über ihrer eigenen Zielmarke.

Verglichen mit April stieg die Pünktlichkeit um 1,1 Prozentpunkte. Als pünktlich wertet der Konzern alle Züge, die weniger als sechs Minuten nach Fahrplan eintreffen. Andere Länder wie etwa die Schweiz sind da strenger. Bei den Eidgenossen gilt ein Zug nur als pünktlich, wenn er weniger als drei Minuten vom Fahrplan abweicht.

Bahnchef Richard Lutz sprach von erfreulichen Fortschritten. „Zufrieden sind wir aber erst, wenn wir diesen Trend verstetigen können. Das bedeutet für uns, im Kampf um jede Minute nicht nachzulassen.“

Veraltete Infrastruktur in Deutschland

Ein Grund für viele Verspätungen ist die veraltete Infrastruktur. Seine ersten beiden Schnellfahrstrecken will der Konzern daher jetzt sanieren: Knapp 30 Jahre nach Inbetriebnahme der ersten ICE-Strecken Hannover-Würzburg und Mannheim-Stuttgart beginnt die Bahn mit einer Grundsanierung der beiden Verbindungen. Als erstes wird von Dienstag kommender Woche an bis zum 14. Dezember die Strecke Hannover-Göttingen gesperrt.

ICE-Reisende zwischen Nord- und Süddeutschland sowie Berlin und Frankfurt/Main müssen sich auf eine 30 bis 45 Minuten längere Fahrzeit einrichten, die aber schon in die Fahrpläne eingearbeitet wurde. Die Züge fahren während der Arbeiten über die herkömmliche Strecke – dort gibt es deswegen Ausfälle und Anpassungen im Regionalverkehr. Bei den Bauarbeiten werden Gleise, Weichen, Schotter, aber auch die Oberleitungsmasten sowie die Strom- und Sicherungstechnik erneuert.

Quelle: Infografik WELT

Auf die Verbindung Hannover-Göttingen folgt die Strecke Mannheim-Stuttgart, die vom 10. April bis 31. Oktober 2020 nicht befahrbar sein wird. Der Abschnitt Göttingen-Kassel wird von April bis Juli 2021 unterbrochen. Dann kommt im Jahr 2022 die Trasse Fulda-Würzburg dran und schließlich 2023 der Gleisstrang von Kassel nach Fulda. Die Bahn warb um Verständnis für die Serie von Großbaustellen.

Sie sei unvermeidbar, die regelmäßige Instandhaltung reiche nun nicht mehr aus: Die beiden ICE-Strecken seien seit ihrer Eröffnung 1991 im Dauerbetrieb. Auf der 327 Kilometer langen Trasse zwischen Hannover und Würzburg fahren täglich 110 Fernzüge mit rund 42.000 Reisenden durch Niedersachsen, Hessen und Bayern, außerdem im Durchschnitt 26 Güterzüge. Noch höher ist Belastung auf den 99 Kilometern von Mannheim nach Stuttgart: Dort verkehren jeden Tag 185 Fernzüge mit 66.000 Fahrgästen, hinzu kommen 24 Güterzüge.

In die Grunderneuerung der beiden Strecken fließen insgesamt 825 Millionen Euro. Alleine für die Arbeiten von Hannover bis Göttingen hat die Bahn 175 Millionen Euro veranschlagt. Rund 140 Kilometer Gleise, 47 Weichen, 243.000 Schwellen und 405.000 Tonnen Schotter sind erforderlich.

Außerdem werden neun Tunnel und acht Talbrücken sowie die Oberleitung saniert. „Wir wissen, dass die Sanierung den Kunden Geduld und Verständnis abverlangt“, sagte die Norddeutschland-Chefin der Bahn, Manuela Herbort. Die Züge fahren während der Arbeiten über die alte Nord-Süd-Strecke. Dies führt dort zu Ausfällen und Anpassungen im niedersächsischen Regionalverkehr.

Während die ersten Schnellstrecken der Bahn bereits wieder fit für die Zukunft gemacht werden müssen, ist der Ausbau des bundesweiten Netzes für hohes Tempo noch längst nicht abgeschlossen. Auf 1500 Kilometer Strecke können die Züge schneller als 250 Kilometer pro Stunde fahren, weitere Schnellstrecken sind zwischen Frankfurt und Mannheim sowie Hanau-Würzburg/Fulda und Hannover und Bielefeld geplant.

Für den geplanten Deutschlandtakt, einem eng geknüpften Fahrplan mit festen Umsteigemöglichkeiten, soll auch auf schon bestehenden Schnellstrecken das Tempo auf 300 erhöht werden, etwa zwischen Hannover und Berlin.

Klimaschutz spielt bei der Bahn eine wichtige Rolle

Ein weiteres Versprechen des Unternehmens: Der Klimaschutz soll in der neuen Strategie der Deutschen Bahn eine zentrale Rolle spielen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) könne sich darauf verlassen, dass die Bahn ein ebenso ehrgeiziges wie belastbares Programm vorlegen werde, sagte ein Unternehmenssprecher.

Er reagierte damit auf Äußerungen des Ministers. Scheuer hatte den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt, er habe die Führung der Bahn aufgefordert, zügig ein Konzept vorzulegen, „wie wir zwölf Jahre früher als bisher geplant auf 100 Prozent Ökostrom umstellen – nämlich ab 2038 statt 2050“.

Der Bahn-Sprecher sagte, der Vorstand werde dem Aufsichtsrat in zwei Wochen eine neue Strategie für die Deutsche Bahn vorstellen. „Die Bahn wird in jedem Fall ihre ökologische Vorreiterrolle weiterhin konsequent ausbauen und verteidigen. Denn die Schiene zu stärken, bedeutet aktiven Klimaschutz.“ Schon Ende dieses Jahres werde die Bahn 60 Prozent ihres Stroms mit erneuerbaren Energien abdecken.

dma/dpa

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