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Schnellzug in Kalifornien : Jahrhundertbahn im Autoland

Bisher nur eine Skizze: Die Verbindung zwischen Los Angeles und San Francisco mit einem Schnellzug soll 2029 fertig werden. Bild: dpa

In Kalifornien sollen Hochgeschwindigkeitszüge Los Angeles mit San Francisco verbinden. Siemens rechnet sich Chancen aus, eine amerikanische Variante des deutschen ICE zu liefern.

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          Dan Richard weiß, dass er keine leichte Aufgabe hat. „Amerikaner lieben ihre Autos. Wir haben ja sogar Lieder über Autos geschrieben,“ sagt er. Richard soll im Land, in dem „Mustang Sally“ und „Little Red Corvette“ besungen wurden, Begeisterung für die Eisenbahn wecken. Er führt das Projekt, das dem Bundesstaat Kalifornien einen Hochgeschwindigkeitszug bescheren soll. Es ist ein ebenso gigantisches wie umstrittenes Vorhaben.

          Roland Lindner

          Wirtschaftskorrespondent in New York.

          Amerika hat eigentlich eine große Bahntradition. Schon im neunzehnten Jahrhundert entstand hier die transkontinentale Eisenbahn als Verbindung zwischen den beiden Küsten, und im Gütertransport spielt die Schiene bis heute eine große Rolle. Aber das Zeitalter der schnellen Personenbeförderung per Bahn, wie sie in Europa und Asien gang und gäbe ist, ist an den Vereinigten Staaten bisher weitgehend vorbeigegangen. Das Projekt in Kalifornien soll den Durchbruch bringen.

          An dieser Zukunftsvision wird in Sacramento gearbeitet, der kalifornischen Hauptstadt. Hier ist die von Richard geführte High-Speed Rail Authority, die das Projekt vorantreiben soll. Hier sitzt auch der kalifornische Gouverneur Jerry Brown, einer der größten Anhänger des Vorhabens, der es gegen alle Widerstände durchboxen will.

          Von San Francisco nach Los Angeles

          Und hier steht ein Eisenbahnwerk des deutschen Siemens-Konzerns, der sich Chancen ausrechnet, bei der Auftragsvergabe für die schnellen Züge den Zuschlag zu bekommen und damit den Kaliforniern eine amerikanische Variante des deutschen ICE zu liefern. Für die Transportsparte von Siemens könnte dies der größte Auftrag werden, den sie jemals in den Vereinigten Staaten bekommen hat. Siemens sieht sich freilich großer Konkurrenz gegenüber, denn noch acht andere Unternehmen sind im Rennen um das Geschäft, das ein Volumen von mehreren Milliarden Dollar erreichen könnte.

          Die Hochgeschwindigkeitsbahn soll die kalifornischen Metropolen San Francisco und Los Angeles verbinden – und damit eine Alternative zu den verstopften Straßen und dem überlasteten Luftraum in der Region schaffen. Wenn die Bahn einmal in Betrieb ist, soll sie die Strecke in weniger als drei Stunden zurücklegen und eine Höchstgeschwindigkeit von 350 Kilometern in der Stunde erreichen.

          Eine Autofahrt zwischen den Städten kann sechs Stunden dauern. Mit dem Flugzeug ist es zwar nur etwas mehr als eine Stunde, allerdings gibt es auf der Strecke sehr oft Verspätungen. Die Hochgeschwindigkeitsbahn soll nicht direkt zwischen den beiden Großstädten verlaufen, sondern einen Umweg über das ländlichere „Central Valley“ nehmen. In dieser strukturschwachen Region soll sogar der erste Teil der Bahn gebaut werden und 2022 in Betrieb gehen. Die gesamte Strecke zwischen Los Angeles und San Francisco soll 2029 fertig sein.

          Private Investoren müssen Projekt mitfinanzieren

          Erst vor wenigen Wochen war der offizielle Startschuss für das Projekt mit einem Spatenstich im Beisein von Gouverneur Brown. Eigentlich sollten die Bauarbeiten schon vor zwei Jahren beginnen. Opposition von Politikern und Eigentümern von Grundstücken entlang der geplanten Strecke haben das Projekt aber verzögert.

          Bis heute hat die Bahngesellschaft erst einen kleinen Teil der notwendigen Grundstücke für den ersten Bauabschnitt erworben, und sie erwartet, dass sie sich am Ende mit Zwangsenteignungen behelfen muss. Der wohl größte Unsicherheitsfaktor dürfte die Finanzierung sein. Die Gesamtkosten werden auf 68 Milliarden Dollar veranschlagt, und davon ist heute nicht einmal die Hälfte gesichert.

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