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Neuer Brenner-Tunnel : Mit Tempo 250 durch die Alpen

Im Brenner-Basistunnel bei Innsbruck: Oben der Entlüftungsschlauch Bild: Picture-Alliance

Unter dem Brenner entsteht der längste Tunnel der Welt. Wenn er fertig ist, braucht der ICE von München nach Verona weniger als drei Stunden.

          6 Min.

          Mit der Idylle ist es im bayerischen Inntal schon länger nicht mehr allzu weit her. Zwischen Bergen eingezwängt führt die vielbefahrene Autobahn nur knapp an den Orten zwischen Rosenheim und der deutsch-österreichischen Grenze bei Kiefersfelden vorbei. Auf der Bahnstrecke donnern schwere Güterzüge mitten durch die Dörfer – alle 20 Minuten einer. „Dann können Sie im Garten Ihr Gespräch erst einmal einstellen“, klagt Georg Dudek, Sprecher der Inntal-Gemeinschaft, einer Bürgerinitiative, die gegen den Lärm und Gestank im Tal ankämpft. Es ist der Flaschenhals, durch den sich der ganze Verkehr nach Innsbruck und weiter über den Brennerpass nach Italien quetscht.

          Dyrk Scherff

          Redakteur im Ressort „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Bald, fürchten Dudek und seine Mitstreiter, könnte das alles noch viel schlimmer werden. Denn unter dem Brenner entsteht ein gigantischer neuer Eisenbahntunnel. Um den mit Zügen zu füttern, soll eine neue Bahnstrecke im Inntal gebaut werden. Die Folge: noch mehr Lärm und neue Gleise, die – wenn es schlecht läuft – auch noch ins enge Inntal gepfercht statt unterirdisch durch die Berge geführt werden. Gegen diese Zukunft organisieren sich die Talbewohner in Dudeks Bürgerinitiative. Und die lokalen Politiker lassen keine Gelegenheit aus, vor dem Vorhaben zu warnen. Die ersten fürchten schon Tumulte wie beim Bahnprojekt Stuttgart 21, wenn die Strecke wirklich gebaut würde.

          Mit 250 Stundenkilometers durch den Brenner

          Der Störenfried für die oberbayerische Ruhe liegt 100 Kilometer weiter flussaufwärts, bei Innsbruck. Dort beginnt der neue Brenner Basistunnel. Auf 64 Kilometern führt er unter den Alpen hindurch bis nach Franzensfeste in Südtirol. Er wird der längste Tunnel der Welt. Knapp neun Milliarden Euro teuer, bezahlt zu 40 Prozent von der Europäischen Union, die noch nie zuvor so viel Geld in ein Projekt gesteckt hat. Den Rest übernehmen österreichische und italienische Steuerzahler – und die Brummifahrer über einen Teil der Maut für die Brennerautobahn.

          So entsteht der Brenner-Basistunnel: Hier sind Fotos vom Bau Bilderstrecke

          Durch den neuen Tunnel und auf der alten Strecke sollen künftig rund 400 Züge am Tag den Brenner passieren, 50 Prozent mehr als heute. Die Zulaufstrecken werden im Süden über Bozen und Trient bis Verona ausgebaut. Und im Norden durchs österreichische und eben das bayerische Inntal bis München. Wegen der umliegenden Berge werden auch diese Gleise zumindest in Italien und Österreich überwiegend unterirdisch verlaufen. Die Fahrt nach Italien wird so zur U-Bahn-Tour, von den schönen Bergen sehen die Fahrgäste fast nichts. Dafür sind sie schnell da. Von München nach Trient nahe dem Gardasee dauert es künftig nur noch zweieinhalb Stunden statt heute viereinhalb, weil sich die Züge nicht mehr in vielen Kurven langsam über den Brenner quälen, sondern mit 250 Stundenkilometern ohne starke Steigungen in gerader Linie unter den Bergen durchrasen können. Zur Oper in Verona geht es in weniger als drei statt in fünfeinhalb Stunden.

          Siemens macht sich Hoffnung auf Zuschlag

          Am meisten wird der Brenner-Basistunnel aber nicht vom ICE befahren werden, sondern zu etwa 80 Prozent von Güterzügen. Denn Ziel des Projekts ist es vor allem, dass mehr Güter auf der Schiene nach Italien transportiert werden und nicht auf der Brennerautobahn. Dort leiden die Dörfer in den engen Tälern unter dem Lärm und Gestank der Lastwagen und unter den lauten Güterzügen, die sich auf der alten Trasse genauso wie im Inntal durch die Orte schlängeln. Damit in den nächsten Jahrzehnten nicht noch mehr Laster über den Alpenpass fahren und die Güterzüge von der alten Strecke verschwinden können, soll eine leistungsfähige Schienenverbindung im Tunnel mehr Kapazitäten bereitstellen. Die alte Verbindung bietet kaum noch Reserven und erfordert zudem wegen der hohen Steigungen bis zu drei Lokomotiven. Das kostet unnötig Zeit und Geld.

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