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Deutsche Bahn : Der Plan gegen verkehrt herum fahrende ICEs

Alltag an deutschen Bahnhöfen: Hektik an den ICEs. Bild: Wolfgang Eilmes

Züge mit falscher Wagenreihung treten häufig auf und ärgern viele Kunden – jetzt will die Bahn gegensteuern. Doch wie kommt es eigentlich dazu?

          3 Min.

          Ärgernisse gibt es bei der Bahn viele – zu ihnen gehört die sogenannte umgekehrte Wagenreihung. Darunter versteht man, dass Züge nicht so in den Bahnhof einfahren, wie es der Wagenstands-Anzeiger am Gleis indiziert, sondern genau anders herum. Das hat Konsequenzen für Fahrgäste, die sich darauf nicht eingestellt haben. Im schlimmsten Fall müssen sie mit ihrem schweren Gepäck fast einen halben Kilometer laufen, um am Bahnsteig zur richtigen Klasse zu gelangen – weil die sich am anderen Ende des Zuges befindet. Ein ICE der ersten Generation ist immerhin mehr als 400 Meter lang.

          Thiemo Heeg

          Redakteur in der Wirtschaft.

          Vergangene Woche hat Konzernchef Rüdiger Grube nun Besserung in Aussicht gestellt. Die unter Bahnkunden gefürchtete Ansage mit der umgekehrten Wagenreihung werde es künftig nicht mehr geben, sagte er in einem Interview. Wer diesen Satz dahingehend interpretierte, künftig werde es gar keine umgekehrte Wagenreihung mehr geben – und das hatten auch manche Medien getan –, sieht sich nun getäuscht. Die DB arbeitet lediglich daran, die Reisendeninformation zu verbessern.

          „Lieber ein paar Meter mehr laufen“

          Die verkehrte Reihung völlig auszuschließen wäre auch eher kontraproduktiv. Damit würde sich die DB wohl noch mehr Ärger einhandeln, als sie mit dem Manöver ohnehin schon hat. „Einen Zug kann man leider nicht einfach umdrehen wie eine Modelleisenbahn – auch wenn das manchmal sehr nützlich wäre“, belehrt der Konzern die Kunden auf seinem Inside-Portal. Natürlich bestehe die Möglichkeit grundsätzlich schon: Wenn ein Zug einen Halt in einem Kopfbahnhof – zum Beispiel in Frankfurt, München oder Leipzig – auslässt, ändert er damit seine ursprünglich geplante Fahrtrichtung.

          Dies passiert jedoch selten, weil dort ja Fahrgäste warten. Ein Zugführer kann auch in einem normalen Durchgangsbahnhof den Zug wenden. „Das geht aber nur, wenn ausreichend Haltezeit zur Verfügung steht, denn der Triebfahrzeugführer muss vom einen zum anderen Zugende laufen“, erläutert die Bahn. Beide Varianten sind eigentlich unpraktikabel, weil sie viel Zeit kosten. Daher entscheide sich die Transportleitung meist gegen ein solches Wendemanöver und damit für die Pünktlichkeit, heißt es im Konzern. Die Rechnung dahinter sieht so aus: „Lieber ein paar Meter mehr laufen, anstatt den Zug mit 30 Minuten Verspätung abfahren und ankommen zu lassen.“

          Phänomen tritt vergleichsweise häufig auf

          Wie aber kommt es überhaupt zu einer vom Plan abweichenden Wagenreihung? Beispielsweise dann, wenn im Werk ein ursprünglich für die Zugfahrt eingeplanter und richtig orientierter Triebzug nicht rechtzeitig fertig und durch einen anderen ersetzt wird.

          Zu den häufigsten Ursachen zählt die Bahn jedoch Störungen wie Streckensperrungen und dadurch bedingte Umleitungen: „So kommt es schnell vor, dass ein umgeleiteter Zug aus einer anderen Richtung in den Bahnhof einfährt.“

          Ein Beispiel: Ein ICE fährt von Hamburg nach München. Wegen einer Sperrung kann der Streckenabschnitt zwischen Nürnberg und München nicht befahren werden. Durch die Umleitung über Augsburg verlässt der ICE den Bahnhof Nürnberg in einer anderen Fahrtrichtung und erreicht sein Ziel München in umgekehrter Wagenreihung. Darüber ärgern sich unter anderem die Fahrgäste, die bislang vorne im Zug saßen; jetzt sitzen sie hinten und im Kopfbahnhof München wartet nun ein langer Fußweg auf sie.

          Auf der Suche nach der Wagenreihung.

          Das Phänomen tritt vergleichsweise häufig auf. „Derzeit verkehren etwa 20 Prozent der ICE mit abweichender Wagenreihung“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Das soll sich bald ändern. Eine „spürbare Reduktion“ solcher Züge gehöre zu den wichtigen Elementen des Maßnahmen-Programms „Zukunft Bahn“, mit dem Grube die hohe Unzufriedenheit der Kunden abbauen will. Kommt es jedoch trotz „intensiver Bemühungen“ zu einer falschen Wagenreihung, verspricht der Konzern, die Kunden künftig frühzeitig und besser zu informieren.

          Die Informationen zur Orientierung und Reihung von Zügen wurden bisher in mehreren Schritten manuell eingespeist. Wie es heißt, automatisieren und verbessern seit Anfang des Monats IT-technische Anpassungen diesen Prozess nach und nach: „Bahnreisende können dadurch die richtige Orientierung an den Zugzielanzeigern sehen.“

          Und es kommt noch besser: Vom Jahresende an werde man zusätzlich die korrekte Wagenreihung mit Wagennummer und Gleisabschnitt automatisch erfassen und im „DB Navigator“ darstellen. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen, eigentlich.

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