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Energie immer teurer : Inflation in der Eurozone steigt auf 3,4 Prozent

Die Preise an den Tankstellen steigen immer weiter. Bild: dpa

Nicht nur in Deutschland, auch in der Eurozone insgesamt ziehen die Preise deutlich an. Vor allem Energie wird teurer und teurer.

          4 Min.

          Nicht nur in Deutschland, auch in der Eurozone insgesamt ist die Inflation im Moment ungewöhnlich hoch. Wie das europäisches Statistikamt Eurostat am Freitag nach einer ersten Schätzung mitteilte, lag die Inflationsrate im September bei 3,4 Prozent. Das ist der höchste Stand seit 13 Jahren. Im August hatte sie 3 Prozent betragen. Noch Ende vorigen Jahres waren die monatlichen Inflationsraten negativ gewesen.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Mittlerweile gibt es kein Euroland mehr mit einer negativen Inflationsrate, in dem also die Preise im Durchschnitt fallen, wie das noch vor kurzem in einigen südeuropäischen Ländern der Fall gewesen war. In Frankreich ist die Inflation nach nationaler Berechnungsweise auf einem Zehnjahreshoch, in Italien auf einem Neunjahreshoch.

          Die höchste Inflationsrate in der Eurozone hat jetzt Estland mit 6,4 Prozent, die niedrigste Malta mit 0,7 Prozent. Deutschland liegt mit 4,1 Prozent im oberen Mittelfeld.

          Entwicklung der Energiepreise besonders auffällig

          Teurer wurde in der Eurozone insgesamt vor allem Energie (plus 17,4 Prozent). Industriegüter ohne Energie verteuerten sich um 2,1 Prozent, Dienstleistungen um 1,7 Prozent. In Deutschland war auch der Preisanstieg bei den Dienstleistungen inzwischen schon höher; er lag bei 2,5 Prozent.

          Bei dem starken Anstieg der Verbraucherpreise im Moment spielen sogenannte Basiseffekte eine Rolle – aber sie erklären nicht alles. Einer diese Basiseffekte ist die Tatsache, dass Öl im vorigen Jahr wegen der Pandemie außergewöhnlich billig war, und der Preisanstieg jetzt deshalb besonders krass erscheint. Ein weiterer Basiseffekt hängt damit zusammen, dass in Deutschland im vorigen Jahr wegen der Pandemie von Juli bis Dezember die Mehrwertsteuer abgesenkt war, und deshalb im Moment für die Inflationsmessung Preise mit dem niedrigeren Steuersatz aus dem vorigen Jahr mit solchen mit dem höheren Satz aus diesem Jahr verglichen werden. Das lässt die Inflationsrate steigen, obwohl die vorübergehende Absenkung der Steuer damals ja nicht als Belastung, sondern als Entlastung für die Verbraucher angelegt war.

          Die Fondsgesellschaft Quant Capital schreibt, es gebe diese Basiseffekte, aber die Entwicklung gehe darüber hinaus. „Wir sehen heute immer noch steigende Ölpreise, in Großbritannien hat sich der Gaspreis vervierfacht und in China wird Energie rationiert“, sagte Quant-Geschäftsführer Dieter Falke. „Die Energiepreise steigen gerade auf breiter Front – und das nicht zu knapp.“ Die Zahlen zeigten dies auch: Der Produzentenpreisindex in Deutschland sei im August 2021 um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen, in Italien sei der Anstieg mit 13,8 Prozent noch stärker ausgefallen, in Frankreich seien es zehn Prozent gewesen. „Die Importpreise kletterten über das Jahr betrachtet sogar um 16,5 Prozent“, hob Falke hervor.

          Anders als in Großbritannien gibt es in Deutschland noch keine Tankstellen, an denen es kein Benzin mehr gibt, wie der Bundesverband freier Tankstellen berichtet. Allenfalls Störungen an einzelnen Raffinerie-Standorten könnten zu höheren Preisen führen. Der Autoclub ADAC meint, die anziehende Benzinnachfrage nach der Krise mache es den Mineralölkonzernen leichter, derzeit sehr hohe Preise zu verlangen.

          EZB erwartet 2,2 Prozent Inflation fürs Gesamtjahr 2021

          Die anhaltenden Sorgen, dass die Notenbanken wegen einer anziehenden Inflation bald weniger Geld in die Märkte pumpen könnten, hatte den deutschen Aktienindex Dax in dieser Woche schwer belastet.

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