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Wirtschaft Ifo-Check der Wahlprogramme

Steuererleichterungen und mehr Jobs? So realistisch sind die Versprechen der Parteien

Wirtschafts- und Finanzredakteur
Die Parteien werben damit, mehr Menschen Beschäftigung ermöglichen zu wollen – der angespannter Haushalt könnte die Pläne aber durchkreuzen Die Parteien werben damit, mehr Menschen Beschäftigung ermöglichen zu wollen – der angespannter Haushalt könnte die Pläne aber durchkreuzen
Die Parteien werben damit, mehr Menschen Beschäftigung ermöglichen zu wollen – der angespannter Haushalt könnte die Pläne aber durchkreuzen
Quelle: Getty Images
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Sinken die Steuern, würde es sich für viele Menschen lohnen, mehr oder überhaupt zu arbeiten. Laut einer Analyse des Ifo-Instituts wäre der positive Beschäftigungseffekt beim Reformvorschlag der FDP am größten – die Idee hat jedoch einen gewaltigen Haken.

Grundsätzlich sind sich in dem Punkt alle großen Parteien einig: Menschen mit mittlerem Einkommen müssen künftig weniger Steuern zahlen. Der Spitzensteuersatz soll später greifen, Gehaltserhöhungen wieder bei den Durchschnittsverdienern ankommen und nicht mehr zum Großteil direkt beim Fiskus landen, so lauten die Versprechen in den Programmen zur Bundestagswahl.

Wobei es bei der Wirkung der Steuervorschläge durchaus große Unterschiede gibt, wie aktuelle Berechnungen des Ifo-Instituts zeigen – Unterschiede bei der Zahl der Menschen, für die es sich nach einer Steuersenkung lohnt, mehr Stunden oder überhaupt zu arbeiten, Unterschiede bei den Auswirkungen auf den Staatshaushalt.

Den größten Beschäftigungseffekt gibt es bei den Plänen der FDP, die alle Einkommensbezieher – auch die oberen – entlasten will. Dazu gehört genauso wie bei der Union die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, also auch für die oberen zehn Prozent.

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Dieses Steuerkonzept würde laut des Ifo-Simulationsmodells 330.000 Menschen dazu bewegen, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bei den Linken wären es 229.000, bei der Union 100.000 und bei der SPD 66.000. Beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält man die getroffenen Annahmen für plausibel.

Den geringsten Effekt auf die Erwerbstätigkeit im Land gibt es demnach durch die Steuerpläne der Grünen. Hier kommen die Wissenschaftler lediglich auf einen Beschäftigungszuwachs von 24.000 Stellen. Seit Jahren wird in der Diskussion um einen Fachkräftemangel im Land kritisiert, dass es beispielsweise für Frauen zu wenige Anreize gibt, einem Job nachzugehen.

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Zu den Auswirkungen der Reformpläne der Grünen heißt es in dem Report: „Bei dieser vergleichsweise weniger umfangreichen Reform wirken die Erhöhung des Grundfreibetrags sowie die Mehrbelastung für Einkommen von mehr als 100.000 Euro einander entgegen.“ Die Grünen wollen mittlere Einkommen entlasten, dafür ab einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 Euro jeden weiteren Euro mit 45 Prozent besteuern, ab 250.000 Euro mit 48 Prozent. Bislang greifen die 45 Prozent erst bei gut 270.000 Euro.

FDP-Vorschlag am teuersten

Während sich die Beschäftigungseffekte bei den Grünen weitgehend aufheben, überwiegt bei den Linken der positive Effekt. „Die deutliche Erhöhung des Grundfreibetrags und die zusätzliche Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen würden den negativen Beschäftigungsanreiz am oberen Ende der Einkommensverteilung überwiegen.“

Der Grundfreibetrag soll nach den Vorstellungen der Linken von knapp 10.000 Euro auf rund 17.000 Euro erhöht werden. Das hätte zur Folge, dass sehr viel mehr Niedrigverdiener als heute keine Steuern zahlen müssen.

Womit man bei den Folgen der Reformversprechen für den Staatshaushalt ist. Steuersenkungen führen zunächst einmal zu geringeren Einnahmen. Auf der anderen Seite gibt es gerade im Bereich der mittleren Einkommen mehr Arbeitnehmer, die überhaupt oder mehr Steuern zahlen. Dieser positive Effekt reicht laut Ifo-Institut allerdings nicht aus, um die durch eine Steuerreform erwarteten Löcher im Haushalt zu stopfen.

„Alle Parteien würden positive Anreize für Erwerbstätigkeit schaffen. Ein damit verbundenes erhöhtes Steueraufkommen könnte jedoch die Mindereinnahmen des Staates, ausgelöst durch eine niedrigere Steuerlast für einen sehr großen Teil der Bevölkerung, nur teilweise kompensieren“, schreiben die Wissenschaftler.

Auch wenn man den positiven Beschäftigungseffekt berücksichtigt, kommt der weitestgehende Reformvorschlag der FDP den Staat am teuersten. Die Kosten der Steuersenkung über alle Einkommensklassen hinweg würde laut Ifo-Institut immer noch ein Loch in Höhe von 60 Milliarden Euro in die Staatskasse reißen – ohne den Beschäftigungseffekt wären es 73 Milliarden Euro.

Umsetzung ist „unwahrscheinlich“

Auch bei den anderen Parteien, die für eine Regierungskoalition nach der Bundestagswahl infrage kommen, steht ein Minus – trotz mehr Beschäftigten. Bei den Linken fehlen im Haushalt 22 Milliarden Euro pro Jahr, bei der Union 18 Milliarden Euro und bei der SPD neun Milliarden Euro.

Bei den Grünen sind es noch zwei Milliarden Euro. Andere wirtschaftspolitischen Forderungen in den Wahlprogrammen, wie die Abschaffung des Ehegattensplittings, wurden bei den Berechnungen nicht berücksichtigt.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse zum Steueraufkommen die bereits bei den Beschäftigungseffekten beobachteten Tendenzen, schreiben die Ifo-Experten. „Reformvorschläge, die weitreichende Steuererleichterungen beinhalten, würden mit geringeren Steuereinnahmen einhergehen, die auch durch den Anstieg der Beschäftigung nur teilweise kompensiert werden könnten.“

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Angesichts der zum Teil deutlichen Belastungen des Fiskus sei es „sehr unwahrscheinlich“, dass die versprochenen Reformen nach der Wahl tatsächlich umgesetzt werden, lautet das eher ernüchternde Fazit der Wissenschaftler. Der Staatshaushalt sei schließlich schon strapaziert. Zudem gebe es in den Programmen auch noch zahlreiche Wünsche und Versprechen auf der Ausgabenseite.

Je nach Zusammensetzung einer künftigen Koalition könnte natürlich der Umverteilungseffekt an Bedeutung gewinnen. Grüne, Linke und SPD planen höhere Steuern für Gutverdienende.

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