35-Jahres-Bilanz des Ifo-Instituts
Steuer- und Abgabenlast ist deutlich gesunken
Auch wenn es viele Bürger anders empfinden dürften: Laut Ifo-Institut ist die Steuer- und Abgabenlast seit 1986 quer durch alle Einkommen gesunken. Es werde Zeit für eine grundlegende Reform.
Die Steuerpolitik gilt als einer der Knackpunkte in den Ampelsondierungen. So lehnt die FDP Steuererhöhungen kategorisch ab, während SPD und Grüne im Wahlkampf etwa eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent propagierten. Rechtzeitig zur heißen Phase der Sondierungsgespräche veröffentlicht das Ifo-Institut nun Berechnungen, wonach die Belastung aus Einkommensteuer und Sozialabgaben seit 1986 deutlich gesunken ist.
Auch in den vergangenen zehn Jahren nahm die Belastung trotz ausbleibender Steuerreformen leicht ab, berichtet das »Handelsblatt« unter Berufung auf die Berechnungen des Ifo-Instituts.
Die Forscher zeigen dies an mehreren Beispielen:
So musste laut Ifo ein Single, der vor 35 Jahren 30.000 Euro verdiente, damals von seinem Gehalt 36,1 Prozent in Form von Steuern und Sozialabgaben an den Staat abgeben. 2011 waren es noch 34,7 und dieses Jahr 32,0 Prozent.
Für einen Single mit 70.000 Euro Einkommen sank demnach die Belastung zwischen 1986 und 2011 von 46,9 auf 43,8 Prozent, in diesem Jahr betrug sie noch 41 Prozent.
Auch Gutverdiener zahlen laut den Ifo-Berechnungen weniger Steuern und Abgaben als früher. Ein Single, der 1986 genau 100.000 Euro im Jahr verdiente, musste demnach 48,7 Prozent seines Gehalts an den Staat abtreten. 2011 waren es noch 43,9 und 2021 dann 43,4 Prozent.
Eine Familie mit zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen von 200.000 Euro zahlte vor 35 Jahren 46,3 Prozent Steuern und Abgaben. 2011 waren es 39,7 und in diesem Jahr 38,6 Prozent.
Bemerkbar machen sich hier laut Ifo unter anderem die Steuerentlastungen durch die rot-grünen Steuerreformen oder die regelmäßige Anhebung des Grundfreibetrags. So sank der Durchschnittssteuersatz für den Single mit 100.000 Euro Jahreseinkommen laut Ifo seit 1986 von 39,3 auf heute 29,9 Prozent, der Satz der Familie mit 200.000 Euro Jahreseinkommen von 37,3 auf 26,9 Prozent. Dem gegenüber stehen leicht höhere Sozialbeiträge, die einen Teil der Steuerentlastungen aufzehren.
Die Ergebnisse seien kein Freifahrtschein für eine neue Bundesregierung, die Steuern zu erhöhen, sagte Ifo-Forscher Andreas Peichl: »Es ist Zeit für eine grundlegende Reform des Steuer- und Abgabensystems, damit sich Arbeit und Leistung mehr lohnen und die Partizipation am Arbeitsmarkt steigt.«
Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte, es wäre sinnvoll, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen, dafür aber den Steuersatz für Spitzenverdiener zu erhöhen.
Grundsätzlich sei in der Steuerpolitik eine Modernisierung nötig. Die neue Regierung solle beschleunigte Abschreibungen für Investitionen von Firmen einführen. Außerdem solle der Steuersatz auf Unternehmensgewinne von 30 auf 25 Prozent abgesenkt werden, forderte Fuest. »Die Steuersatzsenkung sollte zeitlich gestreckt eingeführt werden, um das Steueraufkommen zu schonen.«